Preise der Österreichischen Diabetesgesellschaft 2024
ÖDG-Forschungspreis 2024
Dr. Martin Tauschmann wurde mit dem mit 40.000 Euro dotierten ÖDG-Forschungspreis 2024 für das Projekt „AID@Camp – Assessing Automated Insulin Delivery Systems (AID) in Children and Adolescents with Type 1 Diabetes During Physical Activity – Intensive Settings like Diabetes Camp“ ausgezeichnet.
Zum Projekt: Die aktuelle State-of-the-Art-Therapie für Kinder und Jugendliche mit Typ-1-Diabetes in Österreich sind automatisierte Insulinabga-be-Systeme (AID) im Sinne einer algorithmusgesteuerten glukoseresponsiven Modulation der Insulinzufuhr über eine Pumpe anhand von Echt-zeitdaten des kontinuierlichen Glukosemesssystems (CGM). Diese Systeme haben sich in Studien als überlegen erwiesen, dennoch treten bei körperlicher Aktivität weiterhin Herausforderungen auf, da es trotz AID häufig zu erheblichen Glukoseschwankungen während und nach dem Sport kommt. In diesem Kontext untersucht das Projekt die glykämische Kontrolle von Kindern mit Typ-1-Diabetes unter verschiedenen AID-Systemen während zweiwöchiger Diabetes-Sommercamps für 8- bis 12-Jährige mit sportlichen Aktivitäten unterschiedlicher Dauer und Intensität. Ziel ist es, die Effektivität der Systeme im Vergleich zur bis dato vorherrschenden Standardtherapie (sensorunterstützte Pumpentherapie) zu be-werten und deren Einfluss auf Glukoseschwankungen bei Sport zu analysieren. Die Zusammenarbeit zwischen der Medizinischen Universität Wien, der Medizinischen Universität Graz und der Universität Bayreuth (Deutschland) soll Leitlinien für sicheres Vorgehen bei körperlicher Aktivität und Training verbessern und die Diabetesversorgung für junge Patient:innen in Österreich weiterentwickeln.
Zur Person: Dr. Martin Tauschmann studierte Humanmedizin an der Medizinischen Universität Graz. Nach Beginn seiner Ausbildung zum Assis-tenzarzt in der Kinder- und Jugendheilkunde trat er 2013 eine Forschungsstelle an der Universität Cambridge (England) an. Dort arbeitete er in der Artificial Pancreas Group von Prof. Dr. Roman Hovorka am Wellcome Trust – MRC Institute of Metabolic Science und schloss auch ein PhD-Studium ab. Seit 2018 ist Dr. Tauschmann an der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendheilkunde Wien in der Abteilung für Pädiatrische Pulmo-logie, Allergologie und Endokrinologie tätig (Arbeitsgruppe Pädiatrische Diabetologie unter Leitung von Prof.in Dr.in Birgit Rami-Merhar), seit Juli 2022 als Facharzt in Additivfachausbildung. Seine Forschung im Bereich der Diabetestechnologie wurde mit renommierten Auszeichnungen geehrt, darunter dem ISPAD Young Investigator Award (2018) und dem Langerhans-Preis der ÖDG (2019).
ÖDG-Startergrant
Der mit 10.000 Euro dotierte Startergrant wurde 2024 an Dr. Thomas Hörtenhuber (Linz) für das Projekt „Detection of early glycemic disturbances by continuous glucose monitoring in young children with Cystic Fibrosis“ vergeben.
Zum Projekt: Diabetes mellitus ist eine der häufigsten Komorbiditäten bei Menschen mit zystischer Fibrose (CF). Es besteht ein direkter Zusam-menhang zwischen der glykämischen Kontrolle und dem klinischen Verlauf der chronischen Lungenerkrankung (Lungenfunktion, BMI, Mortali-tät). Daher ist die Früherkennung von Veränderungen des Glukosestoffwechsels essenziell, um eine optimale Betreuung zu gewährleisten. Die aktuellen internationalen Guidelines empfehlen ein Diabetes-Screening ab dem Alter von 10 Jahren, allerdings konnten mehrere Studien bereits bei Kleinkindern mit CF eine veränderte Glukosetoleranz feststellen. Bis dato liegen dazu jedoch keine prospektiven Analysen vor. Dieses Projekt soll daher prospektiv diese frühen Veränderungen ab dem Kleinkindalter mittels CGM erfassen, um die Progression genauer zu beleuchten und ggf. auch Grundlagen für ein früheres Screening zu etablieren.
Zur Person: Dr. Thomas Hörtenhuber schloss sein Medizinstudium an der Medizinischen Universität Wien 2010 ab und absolvierte bis 2018 seine Facharztausbildung für Kinder- und Jugendheilkunde an der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendheilkunde der Medizinischen Univer-sität Wien; das Additivfach für pädiatrische Endokrinologie und Diabetologie erlangte er 2021. Mit März 2021 übernahm er die Bereichsleitung für pädiatrische Diabetologie an der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendheilkunde des Kepler Universitätsklinikums Linz und ist dort auch am Expertisezentrum für Wachstum und Osteologie tätig.
ÖDG-Abstractpreise 2024
Die Abstractpreise der ÖDG im Wert von je 750 Euro gingen heuer an Assoc. Prof.in Priv.-Doz.in Dr.in Julia Mader und Dr. Clemens Baumgartner.
Vercauteren J et al., Europäische Initiative zur Diagnostik von Frühstadien des nichtklinisch manifesten Typ-1-Diabetes zur Krankheitsabwen-dung: Das EDENT1FI-Projekt
Das EDENT1FI-Projekt zielt darauf ab, Typ-1-Diabetes (T1D) frühzeitig zu erkennen, um das Risiko einer diabetischen Ketoazidose zu verringern, das Fortschreiten der Krankheit zu verzögern und langfristige Gesundheitsauswirkungen zu verbessern. Das Projekt umfasst 28 Partner aus 12 Ländern und plant die Durchführung eines Autoantikörper-Screenings bei 200.000 Kindern in Europa.
Das Projekt läuft von 2023 bis 2028 und umfasst sechs Arbeitsbereiche, die sich mit Screening, psychosozialen und ethischen Aspekten, innova-tiver Überwachungstechnologie und der Entwicklung von Interventionsstrategien beschäftigen. Ziel sind eine verbesserte Früherkennung von T1D und der Aufbau eines Registers zur Erfassung relevanter Daten.
Julia Mader ist Assoziierte Professorin an der Medizinischen Universität Graz und Stellvertretende Leiterin der Diabetesambulanz. Sie absolvierte ihr Studium an der Medizinischen Universität Graz, wo sie auch ihre Ausbildung in Innerer Medizin und Endokrinologie abschloss. Von 2016 bis 2017 war sie Gastprofessorin am Inselspital Bern in der Schweiz. Sie leitet die Forschungsgruppe für Diabetestechnologie an der Medizinischen Universität Graz.
Ihre Forschung konzentriert sich auf Medizintechnologie mit Schwerpunkt auf Diabetestechnologie sowie Real World Data. Sie hat über 160 Peer-reviewed wissenschaftliche Arbeiten veröffentlicht und mehrere nationale und internationale Auszeichnungen im Bereich der Diabetestechnolo-gie erhalten.
Baumgartner C et al., Growth hormone excess promotes hepatic triglyceride export and growth hormone blockage tends to increase de-novo lipogenesis in humans
In der Studie von Baumgartner et al. wurde der Einfluss von Wachstumshormon auf den Leberfettstoffwechsel 10 gesunder männlicher Proban-den untersucht: Die Teilnehmer erhielten über eine Woche tägliche Subkutaninjektionen mit Wachstumshormon oder dem Wachstumshormon-rezeptor-Antagonisten Pegvisomant. Vor und nach der Woche wurden das Leberfett, die hepatale Triglyzeridsekretion sowie die De-novo-Lipogenese gemessen und auf postinterventionelle Unterschiede geprüft. Dieses Prozedere wurde nach zumindest 6 Wochen mit der jeweils anderen Medikation wiederholt.
Bei Probanden mit initial niedrigem Leberfett (< 5,56 %) zeigte sich nach Wachstumshormongabe ein Anstieg des Leberfettgehaltes (0,9 ± 0,5 % vs. 1,6 ± 0,9 %; p = 0,005). Die Triglyzeridsekretion erhöhte sich nach Wachstumshormongabe um 26,1 % (590,5 ± 282,3 mg/h vs. 738,8 ± 424,9 mg/h; p = 0,035). Nach Pegvisomant zeigten sich Tendenzen einer Erhöhung der De-novo-Lipogenese (3,06 ± 1,95 vs. 7,32 ± 8,43; p = 0,107).
Clemens Baumgartner beendete sein Medizinstudium 2021 an der Medizinischen Universität Wien. Seitdem absolviert er seinen PhD unter der Supervision von Prof. Peter Wolf zum Thema „Effekte von Wachstumshormon auf den menschlichen Leberfettstoffwechsel“. Als Assistenzarzt für Nephrologie und Dialyse des AKH Wien beschäftigt er sich seit 2024 zudem mit dem Gebiet der Lipidapherese sowie nephrologischen Krank-heitsbildern.
Daiichi-Sankyo-Abstractpreise 2024
Die mit je 1.000 Euro dotierten Daiichi-Sankyo-Abstractpreise gingen an Dr. Janis Schierbauer, Dr.in Eva Svehlikova, PhD, und Dr. Thomas Plattner.
Schierbauer J et al., Sicherheit und Effizienz des mylife-CamAPS FX-Hybrid-Closed-Loop-Systems während kardiopulmonaler Ausbelastungs-tests bei Kindern und Jugendlichen mit Typ-1-Diabetes. Eine explorative, präliminäre Analyse der InLoopChild-Studie
Kinder und Jugendliche mit T1D haben oft Angst vor sportinduzierten Hypoglykämien, weshalb sie die aktuellen Empfehlungen zur Durchfüh-rung von körperlicher Aktivität häufig nicht erreichen. Sogenannte Hybrid-Closed-Loop-(HCL-)Systeme verbessern zwar die Blutzuckerkontrolle, allerdings fehlen Daten zur Anpassung der Therapieoptionen bei sportlicher Aktivität. In dieser Studie nahmen sieben Kinder und Jugendliche mit T1D und dem mylife-CamAPS-FX-System an einem Ausbelastungstest auf dem Fahrradergometer teil. Der Glukosezielwert wurde vorab im HCL-System auf 150 mg/dl erhöht und der Ease-off-Modus aktiviert. Während des Tests blieb der Blutzucker stabil, und es traten keine Unterzuckerun-gen auf. Die Strategie, den Zielwert zu erhöhen und den Ease-off-Modus zu aktivieren, erwies sich als sicher, könnte aber bei längeren Belastun-gen weiter optimiert werden, um die Zeit im Zielbereich zu erhöhen.
Janis Schierbauer arbeitet als Akademischer Rat in der Div. Exercise Physiology & Metabolism der Universität Bayreuth. Er erforscht dort den Einfluss von körperlicher und sportlicher Aktivität auf die Glykämie bei Menschen mit Typ-1- und Typ-2-Diabetes. Ziel seiner Forschung ist es, diesen Patient:innen effiziente Therapieempfehlungen für den Sport zu geben um somit langfristig eine bessere Blutzuckereinstellung gewähr-leisten zu können.
Svehlikova E et al., SGLT2-Hemmung reduziert die endogene Glukoseproduktion während akuten Insulinmangels und der Entwicklung von Ketoazidose bei Menschen mit Typ-1-Diabetes
Ziel dieser Studie war es, die Auswirkungen des SGLT2-Hemmers Dapagliflozin auf die Entwicklung von euglykämischer Ketoazidose und auf den intermediären Stoffwechsel bei Menschen mit Typ-1-Diabetes zu untersuchen. Dazu wurden in einer Cross-over-Studie 16 Männer mit Typ-1-Diabetes mit Dapagliflozin (10 mg, einmal täglich) oder Placebo über 7 Tage behandelt. Am letzten Behandlungstag wurde ein Experiment zur Bestimmung des Glukosestoffwechsels durchgeführt. Dazu wurde unter Insulinentzug und kontrollierter Entwicklung einer milden diabetischen Ketoazidose [6,6-2H2]-Glukose infundiert.
Mit Dapagliflozin behandelte Teilnehmer zeigten im Vergleich zu Placebo eine stärkere Tendenz zur Ketogenese und eine schnellere Entwick-lung von Azidose bei akutem Insulinmangel. Die Ergebnisse zum Glukosestoffwechsel deuten darauf hin, dass unter SGLT2-Hemmung bei akutem Insulinmangel zwei Mechanismen zur Entstehung der Euglykämie während einer Ketoazidose beitragen: zunächst eine erhöhte Gluko-seausscheidung über den Harn und später eine deutlich verminderte endogene Glukoseproduktion.
Eva Svehlikova ist Fachärztin für Innere Medizin mit Schwerpunkt Endokrinologie und Diabetologie sowie Leiterin der Clinical Trials Unit am Zentrum für Medizinische Grundlagenforschung der Medizinischen Universität Graz. In der Forschungsgruppe von Prof. Dr. Thomas Pieber an der Klinischen Abteilung für Endokrinologie und Diabetologie, Universitätsklinik für Innere Medizin, Medizinische Universität Graz, widmet sie sich schwerpunktmäßig der klinischen Diabetes- und Stoffwechselforschung.
Drexel H et al., Remnant Cholesterol als Risikomarker für kardiovaskuläre Ereignisse in Abhängigkeit der glykämischen Stoffwechsellage
Remnant-Cholesterol (RC) errechnet sich aus der Differenz von Gesamtcholesterin zu HDL-C und LDL-C und ist ein etablierter Risikomarker für kardiovaskuläre Ereignisse. Ob dies auch für Patient:innen mit unterschiedlichen glykämischen Stoffwechsellagen gilt, wurde in der vorliegen-den Studie untersucht. Insgesamt wurden 1.787 Patient:innen mit kardiovaskulären Erkrankungen (1.472 mit koronarer Herzkrankheit, 315 mit peripherer arterieller Verschlusskrankheit) über einen Zeitraum von 11 Jahren prospektiv beobachtet.
Bei der Baseline-Untersuchung zeigte sich ein signifikanter Anstieg der RC-Konzentrationen im Plasma von Patient:innen mit normaler Nüch-ternglukose (NFG) über gestörte Glukosetoleranz (IFG) bis hin zu Typ-2-Diabetes (T2DM). Während der Nachbeobachtungszeit erlitten 719 Pati-ent:innen kardiovaskuläre Ereignisse, wobei die Inzidenz zwischen den Gruppen signifikant variierte (NFG: 37,8 %; IFG: 34,4 %; T2DM: 49,1 %). Eine höhere Konzentration von RC ging sowohl in der gesamten Population als auch in den untersuchten Subgruppen mit einer höheren Inzi-denz von kardiovaskulären Ereignissen einher.
Die Ergebnisse bestätigen, dass RC ein signifikanter Prädiktor für kardiovaskuläre Ereignisse ist, unabhängig vom glykämischen Status. Diese Daten unterstreichen die Bedeutung von RC als prognostischem Biomarker in der Risikobewertung von Patient:innen mit kardiovaskulären Erkrankungen.
Thomas Plattner hat 2019 das Studium der Humanmedizin an der Medizinischen Universität Wien abgeschlossen. Derzeit absolviert er die Ausbildung zum Facharzt für Endokrinologie und Diabetologie am LKH Feldkirch. Zudem ist er seit 2022 in der Arbeitsgruppe des VIVIT unter der Leitung von Prof. Drexel tätig. Der Forschungsschwerpunkt liegt an der Identifikation von anthropometrischen und biologischen Markern, die für kardiovaskuläre Ereignisse ursächlich sind.
DIABETES-FORUM-Preis 2024
Der vom MedMedia Verlag unterstützte und mit 800 Euro dotierte DIABETES-FORUM-Preis ging heuer an Dr. Bernhard Radlinger.
Herzlichen Glückwunsch vom Team des DIABETES FORUM!
Radlinger B et al., Empagliflozin affects caecalmicrobial composition and intestinal tight junctions in diet induced obese mice
Zum Projekt: In diesem Projekt wurde Empagliflozin bei diätinduzierter Adipositas und Insulinresistenz untersucht. In einem Mausmodell konnte die präventive Gabe von Empagliflozin die Entwicklung sowohl von Übergewicht als auch von Insulinresistenz effizient verhindern (Radlinger et al., 2023). Nun untersuchte man den Einfluss des SGLT2-Hemmers auf die intestinale Barriere und das intestinale Mikrobiom. Man konnte zeigen, dass es mit Empagliflozin zu signifikanter Regulation einiger Spezies sowie zu Veränderungen in der Expression von Tight-Junction-Proteinen kam. Besonders interessant ist die erhöhte Abundanz von R. faecis, einer Spezies, die mit dem Schutz vor NAFLD in Verbindung gebracht wird.
Zur Person: Bernhard Radlinger schloss das Humanmedizin-Studium 2018 an der Medizinischen Universität Innsbruck ab. Im Anschluss ging es für knapp 3 Jahre ins Labor im Rahmen eines grundlagenwissenschaftlichen PhD-Programms ebenso in Innsbruck unter Supervision von Prof.in Susanne Kaser. Seit 2020 ist Bernhard Radlinger Assistenzarzt mit Schwerpunkt Endokrinologie und Diabetologie an der Universitätsklinik für Innere Medizin I in Innsbruck